Der Rudenkirtag in Sierning ist ein Jahrhunderte alter Brauch, der in den Chroniken das erstemal unter Kaiser Karl VI., dem Vater von Maria Theresia, erwähnt wird, in seiner Entstehung jedoch noch viel weiter in die Vergangenheit zurück liegt.
Kaiser Karl VI. war am 25. September 1732 tatsächlich in der Saaß auf der „gesperrten Klopfpirsch“. Kaiser Karl speiste zu Mittag im Wald und die Nacht verbrachte er im Kloster Garsten.
Dies alles sind sicher sehr interessante Begebenheiten. Aber diese Jagd war am 25. September und nicht im Fasching, und es ist nirgends von einer Fahrt nach Sierning zu lesen. In dieser Urkunde sind 21 Herrschaften und Ämter angeführt, wie viele Treiber, Pferde und Ochsen aus ihrer Gegend zu erscheinen hatten. Die Herrschaft (Bad)Hall und Sierning hatten 60 bzw. 30 Treiber zu stellen.
Rudenkirtag 1947
Nach dem 2. Weltkrieg tanzten die Ruden am Faschingdienstag 1947 in Sierning erstmals wieder den Landler.
Der Geschäftsführer des Bauernbundes in Steyr, Hubert Leeb, tatkräftig unterstützt durch die Sierninger Bauernschaft und den Brüdern Franz und Josef Molterer, hatte sich die Wiederbelebung dieses ehrwürdigen Faschingfestes, das während der Kriegsjahre nicht stattgefunden hatte, zum Ziel gesetzt.
Schon seit dem frühen Morgen bevölkerten etwa 4000 Menschen die engen Straßen von Sierning und harrten des Festzuges, der sich mit 11 Schlitten der Musiker- und Sängerkameradschaften unter Voranritt der Musikkapelle Inzersdorf, vom Gashaus Forsthof zum Kirchenplatz in Bewegung setzte. Dort erfolgte die feierliche Übergabe der Vollmacht des alten Tanzherrn an den neuen.
Der alte Tanzherr Franz Mayr, Panhuber aus Matzelsdorf, zu dessen Obliegenheiten früher die Organisation des Rudenkirtages sowie Auswahl und Anweisungen zu seiner Durchführung an die einzelnen Sängerkameradschaften gehörten, übergab diese Pflichten an Max Straßmayr aus Steyr, der anschließend im Gasthaus Krennhuber mit seiner Kameradschaft, die durch seine Bestellung den stolzen Ehrennamen „Tanzherren – Rud“ erhielt, den traditionellen Landlertanz eröffnen.
Der Traunviertler Landler
Zum Rudenkirtag 1947 kam auch Dr. Commenda, der in den 30 iger Jahren bis 1938 Landeskulturrat von OÖ war und auch öfters eine Festansprache über den Landlertanz hielt.
Commenda kam 1935 in die Kothmühle in Hargelsberg, und ließ sich den „Taunviertler Landler“ erklären. Da erkannte Commenda, daß der Wiener Walzer vom Traunviertler Landler abstammt. Nur dieser Landler unterbricht die Figur des Figurentanzes, wenn es zum „Abpaschen“ ist, und macht einen 6/8 Takt. Aus dem ist auch der ¾ Takt und der Schritt des Wiener Walzers entstanden, wenn der Landler richtig ausgetreten wird.
Auf Grund von Bildern, die bis ins 15. Jahrhundert zurück reichen, ist der Landler etwa 500 Jahre alt.
Diesen Taunviertler Landler hat das ganze Volk getanzt, nicht nur die Bauern, sondern auch die Arbeiter, zB. die alte Messerer Rud. Natürlich war dieser Tanz den Herrenhäusern zu minder. Die hohen Herren haben, wenn sie ein Fest feierten, die ausländischen, hauptsächlich die französischen Tänze getanzt. Als 1815/16 der Wiener Kongreß tanzte, wurde der Wiener Walzer von den Adeligen und Fürsten salonfähig gemacht. Vorher wurde der Walzer als etwas Unanständiges, Unsittliches gehalten, weil Mann und Frau so eng umschlungen tanzten. Dies erregte damals Ärgernis. Die Polizei sperrte die Tänzer deshalb sogar vorübergehend ein.
Zu Kaisers Zeiten wurde in Lied und Gesang sehr vieles angeprangert, was damals die Landesfürsten nicht richtig machten. In der Faschingszeit wurde dem Volk diese kleine „Narrenfreiheit“ zugestanden und verziehen, die sonst eine strafbare Handlung gewesen wäre, die unter Umständen sogar mit Kerkerstrafe bedroht war.
Ablauf am Faschingsdienstag
Im Forsthof kommen die teilnehmenden Ruden zum gemeinsamen Kirchgang zusammen, sie feiern den RUDENKIRTAG. Unter den Klängen der Trachtenkapelle Hilbern marschieren das Rudenkomitee mit den Ehrengästen, sowie die Rudentänzer/Innen in die Pfarrkirche.
Die Meßfeier wird durch den Gesang einer Rud festlich umrahmt. Nach dem Gedenken an die verstorbenen Rudenkameraden beginnt in den Räumlichkeiten des Forsthofes bzw. des Pfarrsaales in Sierning der Jahrhunderte alte Brauch des Rudentanzes.
Etwa 12 bis 14 Ruden bringen in spöttischer und frecher Art in Achtzeiler Gstanzln die Begebenheiten aus Politik und Alltag dem zahlreich erschienen Publikum auf beiden Tanzböden zu Gehör.
Jeder Sitzplatz ist heilig, denn sobald jemand diesen verläßt, warten schon unzählige Leute darauf, diesen Platz für sich beanspruchen zu können.
Um Mittag wird ca. 1 Stunde Mittagspause eingehalten, um den Tänzer/Innen eine Stärkung in Form von Speise und Trank zu ermöglichen. Gleichzeitig wechseln die Ruden die Tanzböden, damit die Besucher des Rudentanzes alle Gesangsgruppen hören und sehen können.
Ab 13.OO Uhr wird der Rudentanz fortgesetzt und um ca. 15.30 Uhr, je nach Anzahl der Ruden, abgeschlossen.
Im Freigelände und in den Geschäften von Sierning strömen unterdessen die Besucher durch die Ausstellungen und Verkaufsstände. Von Zuckerwatte, Süßigkeiten über Bekleidung, Gebrauchsgegenstände, Autos, landwirtschaftlichen Geräten usw. ist bei diesem Jahrmarkt alles käuflich zu erwerben.
Das gesellige Treiben setzt sich in den Sierninger Gaststätten und Lokalitäten bis in die Nachtstunden fort. Es ist sicher ein unvergeßliches Erlebnis, am Rudenkirtag in Sierning dabei zu sein.
Tanzherrn von 1900 – heute
ab ca. 1900 Judendorfer, vulgo Polz in Hilbern, Sierning
1918 – 1927 Franz Mayr, vulgo Pannhub in Matzelsdorf, Schiedlberg
1927 – 1935 Alois Guger, aus Thanstetten – abwechselnd mit
1933 – 1936 Matthias Guger, vulgo Schießeder, Bad Hall
1930 – ca. 1941 Rupert Steinmayr von Niederbrunnern, Sierning
1947 – 1972 Tanzherr: Max Straßmayr, vulgo Thangut in Tal, Steyr
1947 – 1951 . Tanzherr: Hubert Leeb, Bauernbundsekretär, betreute den Tanzboden in der ehem. Hauptschule
1952 Ausfall des Rudenkirtages wegen Maul- und Klauenseuche
1953 – 1972 . Tanzherr: Josef Hiesmayr, vulgo Unterhundsberg,, Sierning
1974 – 1986 . Tanzherr: Franz Angerbauer, vulgo Zeil, Waldneukirchen
1986 – 2017 Tanzherr: Peter Mandorfer, vulgo Pölz, Waldneukirchen
1998 – 2018 Tanzherr: Reichhardt Hans, Sierning
seit 2017 Tanzherr: Florian Mandorfer, vulgo Pölz, Waldneukirchen
seit 2018 Tanzherr: Wolfgang Maier, Sierning
Die Funktionsperioden der Tanzherren vor dem 1. Weltkrieg waren nicht eruierbar.
Rudenobmänner
1947 – 1956 Saxenhuber Franz, vulgo Schoiber in Hilbern
1957 – 1980 ÖR Luhamer Josef
1981 – 2018 ÖR Bräuer Franz
seit 2018 Engelbert Hundsberger
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